Als Multitalent passt Du so gut wie in keine Schublade. Wenn Du irgendwo Deine Berufsbezeichnung nennen musst - was sagst Du?
Ich würde sagen Unterhalter. Also es schimpfen sich so viele Künstler, die keine Kunst machen, dass es mir weh tun würde, mich auch Künstler zu nennen. Weil ich mir denke „Ich bin Künstler, und ich fühle mich wohl in meiner Unverstandenheit.“ Nein. Ich unterhalte Leute, ob das jetzt auf einer lyrischen Ebene ist, ob das auf einer musikalischen Ebene ist oder einfach nur zum Lachen ist. Ich möchte Emotionen kreieren. Und wenn sich jemand angesprochen fühlt, wenn wer traurig, lustig, dankbar oder einfach nur entlastet ist, dann habe ich irgendetwas richtig gemacht. Und ich sage immer, wenn sich wer nicht ernst nimmt, dann kann ich ihn ernst nehmen. Ich weiß, dass ich ein austauschbarer Furz in der Landschaft bin. Aber gerade in diesem authentischen Understatement kannst du Menschen dann etwas Gutes tun. Und – für was bin ich da, ich habe so ein Zeitfenster, und da wäre es ja wirklich schön, wen man für irgendwen was besser machen könnte.
Gibt es in der Steiermark noch eine Location, die Dich für einen Auftritt reizen würde?
Ja, absolut. Ich finde den Nikolaus-Lenau-Hügel in Aussee so cool. Man ist dort wirklich im Epizentrum von Zinken, Trisselwand, Loser, Sandling – du bist umzingelt von Bergen, das ist so schön. Und du siehst auf den Dachstein, oder wie die Ausseer sagen, den „Stoa“. Das täte mich schon reizen, dort in diesem alpinen Ding. Wir durften vor kurzem auf der Reiteralm in Schladming spielen, das war so schön, dort wirklich vor diesem Bergmassiv zu stehen – vor Bischofsmütze und Stoderzinken. Irgendwo oben, das wäre schon toll.
Du bist ja auch bekannt dafür ein „Ziager“ zu sein, einer der gern unter die Leut´ geht. Wir sitzen gerade in der Gamlitzer, einem der letzten bodenständigen Grazer Wirtshäuser. Gibt´s für Dich noch so was wie Privatsphäre. Oder anders gefragt, der Pizzera zum Angreifen, ist das anstrengend?
Ich finde, zu 99 % sind die Leute total nett. Was lustig ist und mir auffällt ist, dass wenn ich mit meiner Verlobten unterwegs bin, mich weniger Leute anreden, was total schön ist, weil sie denken, nein jetzt sind sie zu zweit. Wenn du allein bist es voll ok, für was sind wir denn da, da musst dir sonst einen anderen Beruf aussuchen. Ich finde, das ist ein positiver Kollateralschaden von deinem Schaffen. Es gehört einfach dazu. Da hat man auch die Verpflichtung, dass man nett und freundlich ist.
Was ist für Dich Heimat, der Begriff hat - berechtigt oder unberechtigt - ja so ein bissl einen Geruch…
Ich glaube, der Gerd Steinbäcker hat das in „Steiermark“ am besten auf den Punkt gebracht mit „ich hab da meine Wurzeln und meine ältesten Freund.“ Heimat ist Sicherheit, und hängt viel, viel mehr von Personen ab als von Geografie. Niemand ist gerne allein, und ich weiß einfach, dass wenn ich mich zu meiner Dame zuwikuscheln darf, dann bin ich daheim. Das ist eine Sicherheit und ein sich fallen lassen können und der Mut dazu, schwach zu sein.
Die fünf „Must Sees“ in der Steiermark?
Auf jeden Fall einmal die Gamlitzer Weinstubn. Also wenn man einen fähigen, integeren und nächstenliebenden Wirt sehen will, dann muss ma da auf jeden Fall einmal hin. Die Google-Bewertungen von der Gamlitzer Weinstubn sind so geil, einmal 1 Stern – Begründung Ruhetag. Wenn ich in Graz bin, dann bin ich auf jeden Fall in der Gamlitzer. Ich bin ein totaler Salzkammergut-Fan, also das Ausseerland ist einfach großartig. Rauf gehen auf den Loser, Sommersbergsee – das sind Sachen, da spürst du die Erhabenheit und die Demut vor der Natur. Das ist so eine Hochmutsprävention, wenn du merkst, wie groß alles ist und wie klein du bist. Das ist ein gesunder Katalysator für deine Hybris-Vermeidung. So auf die Art, deswegen halte ich die Natur für so wichtig. Ich esse und trinke sehr gerne, das ist kein Geheimnis. Also Ehrenhausen Weinbank, beim Zach und beim Fuchs. Beim Grünen See bin ich auch oft und gern, die Teichalm liebe ich heiß und innig und auch die Bärenschutzklamm.
Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass gerade aus der steirischen Szene so viele Künstler - von STS über die Verunsicherung bis zum Boris Bukowski und in der jüngeren Generation eben einen Paul Pizzera - hervor bringt.
Ich habe keine Erklärung dafür. Ich bin wahnsinnig dankbar, dass ich einen Thomas Spitzer als Freund bezeichnen darf, ich bin wahnsinnig dankbar, dass ein Gerd Steinbäcker vor mir gespielt hat. Wenn mir das einer vor vielen Jahren gesagt hätte – unmöglich. Ich finde es ist wichtig, dass man nicht die Asche aufbewahrt sondern das Feuer weiterträgt. Das ist unsere Verantwortung irgendwie, dass man das in eine neue Richtung macht und mit Respekt und Würde behandelt und einfach die aufgestoßenen Türen gut ölt und schmiert und versucht, gemeinschaftlich das weiter zu tragen.
Du bist auf der berühmten einsamen Insel, welche drei (Überlebens)mittel aus der Steiermark wären in der Kühltasche mit dabei?
Wenn es steirische Tschick gibt auf jeden Fall Zigaretten. Eine Gitarre vom Hammer und wahrscheinlich ein paar Taschentücher, wenn es eine einsame Insel ist.
Wenn Du einem Blinden das Land schildern müsstest, wie würdest Du die Steiermark beschreiben?
Ich würde ihn etwas wahnsinnig ästhetisch Schönes angreifen lassen und dann würde ich sagen, und jetzt mal 10.
Wenn Du unterwegs bist, was aus der Steiermark vermisst Du?
Ganz ehrlich? Das erste, an das ich denke ist der gemischte Salat von der Gamlitzer Weinstube, weil das ist der Beste, den du in Graz essen kannst. Es gibt sonst kein Lokal, wo ich zum Schluss aus der Schüssel heraustrinke. Und meine Mutter natürlich. Ich bin a Mama-Bua, meine Mutter hat mir immer das Gefühl gegeben, dass ich ok bin. Ich habe zwar keine Kinder, aber vielleicht passierts einmal, ich hoffe. Dieses Gefühl, dass man so wie man ist in Ordnung ist, dass man scheitern darf, traurig, schwach und fragil sein darf, und dass man trotzdem nicht weniger wert ist, das hat mir total viel gegeben. Und da sind wir wieder beim Heimatgefühl, da darf man schwach sein. Den Mut zu haben, zu sich zu stehen. Das ist glaube ich das, was man mitkriegen sollte und hoffentlich auch mitkriegt.