Top-Artikel

Vintage Factory trifft Lebenshilfe: "Wir wollen ein Zeichen an die Außenwelt senden"

  • 4 Minuten Lesezeit
  • Nachhaltigkeit, Erlebnis
Hanna und Siegrid sind seit mehr als 30 Jahren Klientinnen der Lebenshilfe Ausseerland. Beide leben mit geistigen Beeinträchtigungen, Hanna ist zudem auf den Rollstuhl angewiesen. Einmal im Monat arbeiten sie in der Vintage Factory „Vergissmeinnicht“ in Altaussee, die gebrauchte Trachten upcyclen und Altem etwas Neues verleihen.
"Wir wollen in die Welt hinaustragen, dass auch Menschen mit Behinderung arbeiten können" Hanna Kamrath

„Wir wollen in die Welt hinaustragen, dass auch Menschen mit Behinderung arbeiten können“, betont Hanna Kamrath, Klientin der Lebenshilfe Ausseerland und Behindertensprecherin für die Lebenshilfe Steiermark und Wien. Hanna ist von Geburt an Spastikerin und somit auf den Rollstuhl angewiesen. Daher ist die Bad Ischlerin seit etwa 30 Jahren Klientin der Lebenshilfe Ausseerland. Und fühlt sich hier pudelwohl. Ihre Funktion als Behindertensprecherin beschreibt Hanna so: „Ich bin so etwas wie die Klassensprecherin“ – sie spricht für die Lebenshilfe-Betriebe in der Steiermark und in Wien, besucht dazu die einzelnen Einrichtungen in den beiden Bundesländern und vertritt die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Ich kontrolliere, ob in den Betrieben alles in Ordnung ist und führe Gespräche mit den Geschäftsführern“, erklärt Hanna stolz.

Gemeinsam mit ihrer besten Freundin und Kollegin Siegrid, die ebenfalls seit 30 Jahren Klientin der Lebenshilfe Ausseerland ist, arbeitet sie einmal im Monat in der Vintage Factory „Vergissmeinnicht“ in Altaussee. „Immer mittwochs von 13 bis 15 Uhr hilft uns ein Team der Lebenshilfe im Geschäft“, erzählt Cornelia „Coco“ Kammerer, eine der fünf Gründerinnen von „Vergissmeinnicht“. In diesen zwei Stunden helfen Hanna und Siegrid beim Ein- und Verräumen von Produkten, arbeiten hinter der Kasse und führen Verkaufsgespräche. „Die Kunden sind immer sehr freundlich und geduldig mit uns“, schwärmt Hanna von ihrer Arbeit im „Vergissmeinnicht“. Für sie ist es ein wichtiges Zeichen an die Außenwelt, dass sie hier mitarbeiten können.

Startschuss von "Vergissmeinnicht" bereits in Kooperation mit der Lebenshilfe

Neben Coco zählt auch Lydia zum Gründerinnenteam des „Vergissmeinnicht“. Sie ist im Brotberuf Behindertenbetreuerin bei der Lebenshilfe Ausseerland, wodurch die Kooperation zustande kam. Bereits beim Auftakt zum Geschäft war die Lebenshilfe Teil davon, wie Lydia und Coco erzählen: „Der Startschuss war eine Modeschau in der Oase Berta, also der Lebenshilfe, das war das Maturaprojekt einer unserer Töchter. Die Klienten der Lebenshilfe haben die Mode damals vorgeführt“. Die fünf Freundinnen sammelten Trachten, die sie umgearbeitet und wieder verkauft haben. „Wir haben etwa Taschen aus alten Trachtenstoffen und Halsbänder mit Samtrosen darauf genäht“, sagt Coco.

Seit 2018 gibt es das Geschäftslokal in Altaussee, wo neben Trachten auch Neues und Nostalgisches verkauft wird. Coco erklärt: „Da re- und upcyclen von Trachten ist nach wie vor die Idee. Wir lieben den Mix aus Alt und Neu, das Nostalgische“. Das „Vergissmeinnicht“ ist vor allem für seine Dirndlröcke bekannt, zu denen man die Schürze immer wieder beliebig tauschen kann. „Die Idee kam, weil bei Dirndln der Laib oft nicht mehr tragbar war, daraus haben wir dann Röcke gemacht“. Mittlerweile fertigen sie ob der hohen Nachfrage die Röcke größtenteils neu. „Wir haben etwa auch schon gastronomische Betriebe damit ausgestattet“, so Coco.

Das Team aus den fünf Freundinnen besteht nach wie vor, „mittlerweile sind wir sogar zu sechst“, stellt Coco klar. Ihr ist es wichtig, „dass wir so ein tolles Team sind und es ist einfach schön, dass jeder seine Stärken in das Geschäft reinbringt. Wir teilen die Liebe zu alten Sachen und das merkt man, glaube ich“, meint Coco strahlend.